Keller sind vollgelaufen, Straßen überflutet, Häuser werden evakuiert: Nach weiteren Regenfällen in der Nacht zum Montag hat sich die Hochwasserlage in vielen Regionen Baden-Württembergs verschärft. Rettungsdienste sind unermüdlich im Einsatz gegen die Wasserfluten. Weil noch mehr Regen droht und Wasserstände steigen, werden vor allem in der Region nahe der Landeshauptstadt Häuser evakuiert. Besonders stark betroffen sind der Rems-Murr-Kreis, der Ostalbkreis und der Kreis Göppingen.
In der Stadt Ebersbach an der Fils sind laut Einschätzung des Landratsamts zahlreiche Menschen in Gefahr. Anwohnerinnen und Anwohner einiger Straßenzüge wurden evakuiert. Die Überflutungen betreffen ein Wohngebiet, es wurde eine außergewöhnliche Einsatzlage angeordnet, wie das Landratsamt Göppingen am Morgen mitteilte. Wie viele Menschen betroffen waren, konnte eine Stadtsprecherin zunächst nicht sagen.
Die B10 in Ebersbach sei rund um die Stadt gesperrt, das Wasser stehe teilweise kniehoch, sagte ein Sprecher des Landratsamts. Wassermassen haben an der Bundesstraße eine Lärmschutzwand durchbrochen und die Fahrbahnen überflutet. Das Wasser auf der Straße komme überwiegend von dem Fluss Fils, der in der Nähe verläuft, aber auch von Hängen. Die Bahnlinie von Göppingen nach Ebersbach sei ebenfalls gesperrt.
Auch im Ostalbkreis spitzt sich die Hochwasser-Lage zu. Wegen vorhergesagter Überflutungen wurden in der Nacht zu Montag vorsorglich Menschen in Teilen der Gemeinden Leinzell, Heuchlingen und Göggingen aus ihren Häusern gebracht, wie uns die Sprecherin des Krisentabs, Susanne Dietterle, im Interview erzählt hat.
Aktuell könnten alle Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnungen selbst verlassen. Eine Rettung durch die Feuerwehr sei nicht notwendig, sagte Dietterle weiter.
Die Gemeinde Täferrot sollte komplett evakuiert werden. Erste Überflutungen hätten den Ort am Morgen bereits erreicht, hieß es. Etwa 250 bis 300 Menschen wurden in der Nacht an sichere Orte gebracht.
Es drohten bis zum Morgen weitere Überflutungen der Orte entlang der Lein, sagte die Sprecherin. Wegen schwerer Gewitter und Starkregens im Nordwesten des Ostalbkreises und im Rems-Murr-Kreis erreichten zwei Rückhaltebecken in der Region ihre maximalen Füllstände. Sie liefen kontrolliert über. Welches Ausmaß die Flut in den Gemeinden haben könnte, war noch unklar. Die Menschen wurden per Warn-Apps über die Situation informiert.
Im Landkreis Heilbronn hat es vor allem die Stadt Lauffen am Neckar erwischt. Der Neckar erreicht dort in Form einer Welle zur Mittagszeit den Höchstand. Das Ordnungsamt hat beschlossen, die Ortsdurchfahrt komplett zu sperren. Es wird darum gebeten, die Stadt Lauffen großräumig zu umfahren.
Im Rems-Murrr-Kreis hat sich Hochwasserlage unerwartet verschärft. Die Lage schien am Sonntagabend eigentlich bereits unter Kontrolle zu sein, wie die Behörde mitteilte. Nach dem extremen Starkregen in der Nacht habe man nun aber den Katastrophen-Voralarm ausgelöst, teilte das Landratsamt am Morgen mit. Dort tagten der Verwaltungsstab und der Führungsstab der Blaulichtfraktion. Seit dem Morgen würden Anwohner in den betroffenen Rems-Kommunen vorsorglich evakuiert.
Extremer Starkregen hat hier besonders der kleinen Gemeinde Rudersberg zugesetzt. Das gesamte Gemeindegebiet sei betroffen, alle Straßen seien gesperrt, sagte ein Sprecher der örtlichen Feuerwehr am Morgen. Die Teilorte Schlechtbach und Klaffenbach seien nach wie vor überschwemmt, die Feuerwehr versuche, sich einen Zugang zu den Bewohnern zu verschaffen. „Teilweise könnten Personen eingeschlossen sein“, sagte der Sprecher. Berichte, wonach 20 Menschen dort vermisst würden, konnte er nicht bestätigen. Auch aus dem Landratsamt hieß es, dass keine Personen vermisst würden.
In zahlreichen Gemeinden bleiben zum Wochenstart Schulen und Kindergärten wegen der Hochwassergefahr geschlossen. Unter anderem betroffen sind davon nach Angaben des Landratsamts Ostalbkreis die Gemeinden Täferrot, Heuchlingen und Leinzell. In Abtsgmünd bleiben die Schulen im Hauptort ebenfalls zu, auch im Rems-Murr-Kreis wird in den besonders betroffenen Städten und Gemeinden Waiblingen, Weinstadt, Remshalden, Winterbach und Remseck am Neckar in Schulen nicht unterrichtet. Auch Kinderbetreuungseinrichtungen bleiben geschlossen.
Eine Besserung ist zunächst nicht in Sicht: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartet im Südwesten auch zu Wochenbeginn gebietsweise Dauerregen und Unwetter. Laut DWD könnten südlich der Schwäbischen Alb bis zum Abend Wassermengen von 30 bis 40 Liter pro Quadratmeter niedergehen. In Oberschwaben, am Bodensee und Allgäu seien starke Gewitter mit Starkregen möglich. Vereinzelt könne auch Hagel fallen. Hochwassertouristen nutzen die Lage dennoch aus: Die Stadt Schorndorf östlich von Stuttgart bittet die Bevölkerung ausdrücklich, die überfluteten Gebiete zu meiden.