Wer heute in München jemanden unter der Telefonnummer 32 16 8 erreichen will, der hat Pech. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ – und das, wo doch die Nummer seit 1981 eine der bekanntesten Telefonnummern in ganz Deutschland ist. Die Geschichte hinter dieser Telefonnummer ist schnell erzählt, doch was sie für die Spider Murphy Gang bedeutet hat und auch heute noch tut, hat uns Frontman Günther Sigl im Interview erzählt.
Für viele bayerische Radiosender war der „Skandal im Sperrbezirk“ ein regelrechter Skandal. Es geht um eine (fiktive) Prostituierte namens Rosi, die anderen Prostituierten außerhalb des Sperrbezirks in München die Freier wegnimmt. Und dann singt die Spider Murphy Gang auch noch das Wort „Nutten“. Während Radiosender in ganz Deutschland das Lied bis heute gerne und oft spielen, boykottierten die bayerischen Sender das Lied.
Dem Erfolg der Spider Murphy Gang tat das keinen Abbruch. 43 Jahre später treffen wir uns mit dem Sänger und Bassisten der Band, Günther Sigl, vor einem Unplugged-Konzert der Band in Heilbronn. Er freut sich sehr darüber, dass Partygänger und Konzertbesucher die Hits der Band, wie „Schickeria“ oder eben den Skandal im Sperrbezirk auch heute noch gern hören und immer mitsingen. „Des san richtige Evergreens. Ma könnte fast scho sagen: Volkslieder im besten Sinne.“
Die bekanntesten Textzeilen aus „Skandal im Sperrbezirk“ sind ohne jeden Zweifel der Titel selbst und die mysteriöse Nummer 32 16 8. Doch wer verbarg sich wirklich hinter dieser Nummer – und gab es sie überhaupt?
Mit 15 bekam Günther Sigl von seinem Vater seine erste Gitarre geschenkt. 40 Mark kostete das Instrument damals und zog Sigl direkt in ihren Bann. Bis heute kommt er vom Gitarre spielen nicht los. Mehr oder weniger zufällig kam damals Anfang der 60er-Jahre die Beatmusik auf, die Sigl gleichermaßen in ihren Bann zog. Anfang der 70er gründete Sigl, der eigentlich gelernter Banker ist, mit verschiedenen Musikern eine Band. Gemeinsam tourten sie durch die Kasernen der US-Amerikanischen Armee im süddeutschen Raum und spielten Rock ’n‘ Roll Hits. Im Laufe der Jahre änderte sich nicht nur die Besetzung, sondern auch das Repertoire der Band. Mit selbstgeschriebenen Titeln, einer eigenen Platte und einem bayerischen Rock ’n‘ Roll Titel wurde die „Spider Murphy Gang“ zur Hausband des Bayerischen Rundfunks.
Im Sommer 1981 dann der Durchbruch: Mit dem Album „Dolce Vita“ schaffte es die Spider Murphy Gang an die Spitze der Charts und in die Köpfe der gesamten Nation. „Skandal im Sperrbezirk“ gilt als einer der ersten Hits der Neuen Deutschen Welle und landete in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Platz 1 der Charts. Auch „Schickeria“, der als Sommerhit der Münchener gilt, war auf dem Album.
Auch wenn die Band nach dem Ende der NDW nicht an ihre großen Erfolge Anfang der 80er anknüpfen konnte, steht die Band bis heute für zeitlose Hits, die Generationen verbinden, und für Musik, die auf jeder Party und in jedem Konzertsaal unvergessen bleibt.
Der Text, wie auch die Musik, von „Skandal im Sperrbezirk“ stammen aus Sigls Feder. Als ihm beim Schreiben die Zeile „…herrscht Konjunktur die ganze Nacht“ einfiel, kam natürlich nur ein Reim in Frage: acht. „Des musste sich ja auf Nacht reimen. Da war ‚acht‘ gesetzt. Und dann hob i einfach verdoppelt. 16 und dann nochmal verdoppelt, also 32.“
Die Telefonnummer von Rosi ist also frei erfunden. Ob das nicht doch zu Problemen hätte führen können? „Das haben wir natürlich überprüft. Also ob es die Nummer in München überhaupt gibt“, erinnert sich Günther Sigl. Das war damals nicht der Fall – und ist es übrigens bis heute nicht.
Auf unsere Frage an die Deutsche Telekom, ob bzw. wer die Telefonnummer „089 32 16 8“ denn besitzt, verrät Telekom-Sprecher Dirk Wende: „Diese fünfstellige Rufnummer hat es unseres Wissen in München nicht gegeben. Eine Rufnummer, die in einem Ortsnetz nie existierte, kann auch nicht neu vergeben werden.“
Aber in anderen Städten gab es die Nummer sehr wohl. Und das sorgte nicht für Trubel bei den jeweiligen Besitzern des Anschlusses, sondern auch bei der Spider Murphy Gang. „In anderen mittleren Städten gab es solche fünfstelligen Nummern“, sagt Günther Sigl und schmunzelt gedankenverloren. „Die jungen Burschen haben dann Nachts gesagt ‚Wir rufen jetzt die Rosi an‘ und dann war da eine ältere Frau, die gar nicht wusste was los ist, als die Burschen gefragt haben ‚Rosi, geht no was?'“
Einige Schreiben von Rechtsanwälten habe die Band damals Anfang der 80er-Jahre bekommen, erzählt Sigl. „Wir haben Telefonnummeränderungen bezahlt und viele Blumensträuße verschickt und uns entschuldigt. Das war nicht witzig für die Menschen – und eigentlich müssten wir uns heute noch entschuldigen.“
Die Telefonnummer ist zwar erfunden, aber Rosi ist echt. Also fast. Sigl ließ sich beim Namen der musikalischen Hauptfigur von einer Freundin gleichen Namens inspirieren. Als weitere Inspiration diente der Schlager „Skandal um Rosi“von Erik Silvester aus dem Jahr 1970. „Heute wär die 32 16 8 nur noch für die Rosi interessant“, meint Sigl und lacht. Natürlich geht es um die besungene Rosi, nicht seine Freundin. Privat kenne er niemanden, der diese Nummer hat und das sei vielleicht auch besser so. „Die hätten keinen Spaß.“
Zum Abschluss des Gesprächs fragt unsere Reporterin noch, welche Nummer sich Günther Sigl besser merken könne. Seine eigene oder die von Rosi? „Bei meiner eigenen Telefonnummer muss ich immer überlegen“, gibt der Sänger zu. „Die Leit fragen aber immer 32 16 8 und ich sage natürlich nein.“
Aus einem einfachen Reim wurde Deutschlands wohl bekannteste Telefonnummer. „Das ist die einfachste Quizfrage, die es gibt. Jeder kennt Rosis Nummer.“
Damit könnte er recht haben.
„So, und etzad muass i zum Soundcheck.“
Ein Text von Tobias Zimmermann und Tabitha Prochnau